Kapitel 1: Charaktererstellung | Inhaltsverzeichnis | Kapitel 3: Harme und Wohle
Kapitel 2: Aktionen & Attribute
Die Einleitung und Kapitel 1 haben dir die Kernmechanik zum Abhandeln von Aktionen vermittelt und dir einen guten Überblick verschafft, wofür Attribute benutzt werden. Dieses Kapitel wird etwas tiefer in sie einsteigen und erklären, wann verschiedene Arten von Aktionswürfen gemacht werden sollten und wie man das Ergebnis interpretieren kann.
Wann die Würfel werfen?
Open Legend dreht sich um große Geschichten voll von epischen Momenten des Heldentums, für die du Würfel werfen wirst, um das Resultat dieser Momente festzustellen. Kurz gesagt müssen Aktionswürfe nur dann ausgeführt werden, wenn die angestrebte Handlung eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt. Im Kampf zum Beispiel wirst du viele Aktionswürfe machen um mit Schwertern zu fechten, Zauber zu werfen, Blaster zu schießen und über trügerische Abgründe zu springen. Andererseits musst du nicht jedes Mal einen Überzeugungswurf machen, wenn du im lokalen Bazaar etwas kaufst und es braucht nicht einen Logikwurf dazu, dich zu erinnern, wo du deinen Multipass gelassen hast.
In Open Legend gibt es einige außergewöhnliche Attribute, die futuristische Technologie, Magie oder intrinsische übermenschliche Fähigkeiten darstellen können. In allen anderen Attributen kannst du Aktionswürfe mit einem Attributwert von 0 machen, aber außergewöhnliche Attribute verlangen einen Attributwert von 1, bevor man einen Aktionswurf mit dem Attribut ausführen kann.
Jeder Wurf zählt
Ein weiteres wichtiges Detail in Open Legend ist, dass jeder Aktionswurf die Geschichte vorantreiben sollte, egal ob im Guten oder Schlechten. Ein fehlgeschlagener Wurf sollte die Handlung nie stagnieren lassen, genauso wenig wie ein Fehlschlag einfach durch einen neuen Versuch eines anderen Charakters negiert werden sollte.
Wenn du dir die Kernmechanik nochmal in Erinnerung rufst, kannst du sehen, dass ein einfaches Fehlschlagen keine Option ist:
DER AKTIONSWURF | |
---|---|
Würfle 1d20 + Attributwürfel (alle Würfel explodieren) | |
Falls der Aktionswurf ... | dann ist das Ergebnis ... |
gleich oder größer dem Herausforderungswert ist | der Charakter hat Erfolg. |
kleiner als der Herausforderungswert ist | der Charakter hat mit einem Haken Erfolg ODER der Charakter schlägt fehl, aber die Handlung schreitet voran. (Wahl des GM) |
Das folgende Beispiel zeigt, wie man jeden Wurf zählen lässt.
Pelias Quickenfit - ein Halblingdieb - versucht, das Schloss einer Tür zu knacken. Er führt einen Geschicklichkeitswurf aus, erreicht aber nicht den Wert der Herausforderung.
Jetzt gibt es zwei mögliche Resultate der Handlung:
Falls der GM sich für Erfolg mit einem Haken entscheidet, könnte er zum Beispiel ansagen, dass Pelias das Schloss öffnet, allerdings in diesem Moment ein leises Zischen von der Tür hört. Eine giftige Gasfalle! Der Dieb fällt sofort in Ohnmacht und der Rest der Gruppe muss in Sekundenschnelle entscheiden, was zu tun ist, bevor das Gas sie erreicht.
Falls der GM sich für der Charakter schlägt fehl, aber die Handlung schreitet voran entscheidet, könnte er ansagen, dass Pelias das Schloss nicht öffnen kann. Kurz darauf hört Pelias aber Fußstapfen um die Ecke des Gangs näherkommen, zusammen mit dem Klirren eines Schlüsselrings. Wenn die Gruppe sich schnell positioniert, können sie den Schlüssel vielleicht ohne Kampf erringen.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass Pelias Handlung die Geschichte genauso vorantreibt, wie ein Erfolg beim Wurf es tun würde.
Was man NICHT tun sollte
Im Beispiel oben würde es an vielen Spieltischen dazu kommen, dass nach dem Fehlschlag des Halblings sofort ein anderer Charakter - zum Beispiel ein Barbar - vortritt und versucht, die Tür aufzubrechen. In Open Legend wird so ein Ansatz generell vermieden, weil es den Wurf des Halblings irrelevant macht. Die Geschichte wurde nicht vorangetrieben. Stattdessen sollte der Barbar auf die Interpretation des Ergebnisses von Pelias durch den GM warten. Der GM hat das Recht, die Konsequenz eines fehlgeschlagenen Wurfes zu bestimmen, damit jeder Wurf zählt. Die Spielenden sollten darauf achten, dem GM hier nicht entgegenzuwirken.
Alte Gewohnheiten sind hartnäckig
Falls du früher schon andere RPGs gespielt hast, fühlst du sich bei fehlgeschlagenen Aktionswürfen anderer Spieler vielleicht direkt in Versuchung, selbst das gleiche Ziel per Wurf zu verfolgen.
In den folgenden Situationen solltest du besonders darauf achten, dem GM Zeit zu geben, das Ergebnis eines Wurfes zu interpretieren:
- Wahrnehmungswürfe, um geheime Türen oder versteckte Objekte zu finden.
- Wahrnehmungswürfe, um Lügen zu erkennen.
- Überzeugungswürfe, um einen NPC von etwas zu überzeugen.
- Lernenwürfe, um sich an nützliche Informationen zu erinnern.
Einfach halten: Jeder Wurf zählt für den GM
Die "jeder Wurf zählt"-Regeln wurde erdacht, um Spieleraktionen unabhängig von Erfolg oder Fehlschlag für die Geschichte wichtig zu machen. Sie erkennt an, dass einfache Erfolg / Fehlschlag Systeme für Spielende nicht besonders viel Spaß machen. "Jeder Wurf zählt" führt für den GM aber auch eine weitere Ebene der Komplexität im Spiel ein, weil es erfordert, dass der GM direkt im Augenblick interpretiert.
Wenn der GM also einen Wurf macht, ist ein Erfolg ein Erfolg und ein Fehlschlag ein Fehlschlag.
Dies wurde der Einfachheit und des Spaßes halber so entschieden. Wenn ein Spieler bei einem Wurf keinen Erfolg hat, macht es keinen Spaß, wenn daraus keine Konsequenz folgt. Wenn der GM bei einem Wurf verliert, gibt es stattdessen meist Jubel am Tisch.
Aktionswürfe interpretieren
Das oben dargestellte Szenario mit Pelias zeigt nut einen Ansatz, wie ein GM das Ergebnis eines Aktionswurfs interpretieren könnte, aber es steckt noch etwas mehr dahinter. In diesem Abschnitt bekommst du einige hilfreiche Leitlinien an die Hand, die allen am Tisch helfen sollen, sich mit der Menge an Improvisation wohl zu fühlen, die für Open Legend nötig ist.
Erfolge interpretieren
Ein erfolgreicher Aktionswurf ist bei weitem am leichtesten zu interpretieren: er bedeutet, dass der Spieler erreicht, was er sich erhofft hatte. Falls er darauf geworfen hat, eine Klippe zu erklimmen, erklimmt er die Klippe. Falls er versucht hat, jemanden zu bestehlen, bestiehlt er sie. Versucht er, einen Ork zu erstechen, ist der Ork erstochen. Und so weiter.
In einigen Fällen ist das Ergebnis eines Erfolgs schon in den Regeln festgeschrieben (zum Beispiel im Gefecht, erklärt in Kapitel 7: Kampf). Oft muss aber der GM entscheiden, was bei einem erfolgreichen Aktionswurf passiert.
Es gibt zwei primäre Faktoren, die bedacht werden müssen, wenn man einen Erfolg auslegt:
Würfle nicht, falls Erfolg nicht möglich ist. Wenn ein Charakter zum Beispiel in einem Korridor nach einer versteckten Tür suchen will, aber der GM weiß, dass es keine gibt, braucht der Charakter keinen Wahrnehmungswurf zu machen. Der Wurf zählt für nichts.
Beschreibe deinen Erfolg. Wann immer die Situation es zulässt, sollten Spieler*innen die Möglichkeit haben, dem Rest des Tisches zu beschreiben, wie ihr Erfolg aussieht. Es ist ihr Zug im Rampenlicht, also lass sie glänzen. Wenn dein Schurke erfolgreich eine Falle entschärft, beschreibe, wie die sensenden Klingen gerade noch deine Wange ritzten, bevor du den letzten Zug tatest. Wenn dein Mech-Ritter eine erfolgreiche Sprung-Attacke gegen einen feindlichen Panzer ausführt, erzähle, wie das extra Momentum des Sprungs dich deine Servo-Klingen durch die Panzerung treiben lässt. Manchmal hat der GM auch den Spielenden vorbehaltene Informationen, sodass er Ergebnisse beschreiben muss. Wo immer möglich, sollten aber Spieler*innen ihre eigenen Erfolge beschreiben.
Erfolg mit einem Haken interpretieren
Wenn ein Spieler bei einem Aktionswurf fehlschlägt, kann der GM entscheiden, die Handlung des Spielers mit einem Haken durchgehen zu lassen. In diesem Fall bekommt der Spieler sein ursprüngliches Ziel, aber es gibt eine ungewollte Konsequenz oder unbedachte Kosten. Die folgende Liste ist nicht abschließend, aber sie sollte dir eine Idee geben, was als Haken bei einem Erfolg dienen könnte.
- Versetze einen Charakter in Gefahr.
- Verschwende eine Ressource.
- Gewinne einen Feind oder verliere einen Freund.
- Übersehe ein wichtiges Detail.
- Verschwende Zeit.
- Zieh Aufmerksamkeit auf dich.
- Finde etwas, womit du nicht gerechnet hast.
Das wichtige am Erfolg mit einem Haken ist, ist, dass es immer noch ein Erfolg ist. Dieser kommt nur mit einer Form von Problem daher: Du findet die Spur der Hydra, die du verfolgst, aber sie führt durch einen Sumpf, der von Untoten voll ist. Du bemerkst, dass der Händler dich über den Tisch zieht, aber merkst nicht, wie er dich von den heranschleichenden Schlägern ablenkt. Du triffst den Schuss auf den Zombie, aber es war die letzte Kugel in deinem Magazin.
Fehlschlag, aber die Geschichte schreitet voran interpretieren
In Open Legend ist ein Fehlschlag nie einfach nur ein Fehlschlag. Es ist immer ein wichtiger Teil der Geschichte, daher die Formulierung "die Geschichte schreitet voran".
Fortschritt kann aber viele verschiedene Dinge heißen. Wenn der GM diese Option wählt, können dir die folgenden Interpretationen eine Idee geben, wie die Geschichte trotz einem Fehlschlag weitergehen kann.
Der Spieler findet eine Chance auf Erfolg. Obwohl deine Magie nicht den Harm lösen kann, der deinen Verbündeten plagt, findest du während deiner Studien heraus, dass seltene Kräuter, die in einem nahen Wald wachsen, dir die nötige Kraft geben können.
Die Gefahr eskaliert. Du schaffst es nicht, über den Abgrund zu springen, während du vor der Bande Kannibalen fliehst, und fällst die Steilwand herunter, wobei du einigen Schaden nimmst. Als du um deine Sinne ringst, bemerkst du, dass du nicht nur von dem Rest deiner Gruppe getrennt, sondern auch noch im Nest eines Roc gelandet bist.
Die Informationen waren falsch. Du denkst, du hast die Bürgermeisterin bei den Verhandlungen durchschaut. Sie scheint deinem Plan, eine Allianz zwischen den umliegenden Überlebendencamps zu verhandeln, voll zuzustimmen. Während du am nächsten Tag aufbrichst, stellt es sich heraus, dass du dich geirrt hast und die Wächter, die die Bürgermeisterin zu deiner Sicherheit entsandt hat, deine Assassinen sind.
Der GM kann entscheiden, wie schlimm ein Fehlschlag endet. Manchmal, endet er sehr schlimm. Während manche dieser Beispiele härter sind als andere, haben sie alle eins gemeinsam: sie treiben die Story voran. Fehlschlag bleibt nie einfach Fehlschlag.
Herausforderung bestimmen
Viele Aktionen, die du in Open Legend versuchen wirst, haben einen Herausforderungswert (HW), der durch die Regeln bestimmt ist. Attacken im Kampf nutzen zum Beispiel die Verteidigungswerte des Ziels als HW.
Oft bestimmt aber auch der GM den HW für Aktionen, die nicht klar in den Regeln ausgelegt sind. In diesen Fällen, kann der GM die Herausforderungswerte nach Schwierigkeit-Tabelle nutzen, um einen passenden HW festzulegen.
Herausforderungswerte nach Schwierigkeit
Schwierigkeit | HW | Beispielaktionen |
---|---|---|
Alltäglich | 10 | über eine 5'-Lücke springen, eine Wand mit einfachem Halt erklimmen, eine normale Haustür aufbrechen, einen simplen Händler herunterhandeln |
Herausfordernd | 15 | eine grobe Wand erklimmen, eine Idee der Bedeutung eines Texts in unbekannter Sprache haben, eine starke Holztür aufbrechen |
Heldenhaft | 20 | eine glatte Oberfläche erklimmen, über eine 15'-Lücke springen, einen Text in unbekannter Sprache übersetzen, eine neutrale Partei überzeugen ein Risiko für dich einzugehen |
Episch | 25 | einen Text in einer Sprache aus einer völlig anderen Welt übersetzen, eine Eisentür aufbrechen |
Legendär | 30 | über einen 25'-Spalt springen, eine makellose Oberfläche erklimmen, sich mit einem Feind mit einer Vendetta gegen dich anfreunden |
Es sollte angemerkt werden, dass Herausforderungswerte generell nicht an das Level der Gruppe angepasst sind. Eine starke Holztür niederzutreten ist HW 15, egal ob die Gruppe auf Level 1 oder Level 10 ist. Gleichzeitig kann es aber für den GM auch nützlich beim Erstellen von Szenarios sein, die typischen Kapazitäten von Charakteren anhand ihrer Attributwerte zu kennen. Die Durchschnittliche Herausforderung vs. Attributwert-Tabelle führt Herausforderungswerte auf, die für verschiedene Attributwerte durchschnittlich schwierig zu erreichen sind. Ein Charakter mit dem jeweiligen Wert kann erwarten, beim aufgelisteten Herausforderungswert bei etwa 50% der Versuche Erfolg zu haben.
Durchschnittliche Herausforderung vs. Attributwert
Attributwert | Durchschnittlicher Herausforderungswert |
---|---|
0 | 10 |
1 | 12 |
2 | 14 |
3 | 16 |
4 | 18 |
5 | 20 |
6 | 22 |
7 | 24 |
8 | 26 |
9 | 28 |
10 | 30 |
Bestrittene Aktionen
Manchmal werden zwei oder mehr Charaktere bei einer Handlung direkt durch ihre Stärke, Intelligenz oder ihren Charme in Konflikt stehen. Zum Beispiel könnte ein mächtiger Barbar mit einem Minotaurus ringen, um ein magisches Juwel in die Hände zu bekommen. Oder aber drei Repräsentanten verschiedener Sternensysteme versuchen, den Kriegsherrn der intergalaktischen Reaver davon zu überzeugen, sich ihnen anzuschließen. Oder ein verborgener Ninja möchte ungesehen an den Wache stehenden Mönchen vorbeischleichen. Diese Art von Situationen nennt man bestrittene Aktionen.
Um solche Wettkämpfe durchzuführen, macht jeder involvierte Charakter einen Aktionswurf mit dem für sie passenden Attribut. Wer auch immer den höchsten Wert erzielt, hat Erfolg. Manchmal nutzen alle Parteien des Konflikts das gleiche Attribut, aber oft nutzen alle Charaktere eigene Attribute, wie im Fall des Schurken (Geschicklichkeit), der an den Wachen (Wahrnehmung) vorbei schleichen möchte.
Beispiel für Bestrittene Aktionen
Während der namenlose Nekromant versucht, ein Portal zu öffnen, um den Schattendämon auf die Länder loszulassen, versucht Uldric der Beschützer, sein ganzes Maß magischen Willens aufzubringen, um das Portal zu schließen. Der GM bestimmt, dass es eine bestrittene Aktion zwischen den beiden Charakteren gibt. Der Nekromant macht einen Vergehenwurf und hat 25 als Ergebnis, während Uldric auf seinem Schutzwurf 20 hat. Zum Unglück für den Rest der Welt wurde der Dämon freigelassen.
Gruppenaktionswürfe
In bestimmten Szenarien hängt der Erfolg einer Aktion von den Fähigkeiten mehrerer Charaktere ab, zum Beispiel wenn eine Gruppe von Schatzjägern versuchen, an Wachen vorbeizuschleichen, oder aber zwei Hacker beim Zugriff auf geschützte Daten zusammenarbeiten. In solchen Fällen beschreiben alle Charaktere, die zur Handlung beitragen, wie sie bei der Aktion mitwirken und führen dann einen Aktionswurf mit dem passenden Attribut aus. Zähle dann die Anzahl an Erfolgen und Fehlschlägen anhand des Herausforderungswertes der Aufgabe. Falls es mehr Fehlschläge als Erfolge gibt, schlägt die gesamte Handlung fehl. Ist dies nicht der Fall, hat die Gruppe Erfolg. Der GM interpretiert diesen Erfolg oder Fehlschlag, als wäre es ein einziger Aktionswurf, anstatt jeden einzelnen Wurf abzuhandeln.
Der GM hat immer das letzte Wort, ob und wann eine Gruppenaktion angebracht ist und wer wie dazu beitragen kann.
Vorteil & Nachteil
Manchmal wirst du Handlungen unter Umständen versuchen, die dir gelegen kommen (zum Beispiel wenn du einen Feind von hinten angreifst) oder aber nachteilhaft sind (zum Beispiel wenn das Seil, dass du erklimmen willst, von einem Feind mit Fett eingeschmiert wurde). In diesen Fällen passt der GM nicht den Herausforderungswert der Aktion an, sondern gibt dir einen Vorteil oder einen Nachteil.
Vorteil und Nachteil werden jeweils mit einem Zahlenwert dargestellt, also zum Beispiel "Vorteil 1" oder "Nachteil 3". Mehrere Einheiten von Vorteil oder Nachteil können zusammenwirken. Wenn du also Vorteil 1 auf eine Attacke hast, weil du einen Gegner von der Seite aus angreifst und du gleichzeitig eine Fertigkeit hast, die dir Vorteil 1 gibt, hast du insgesamt Vorteil 2.
Falls du dich in einer Situation findest, in der du sowohl Vorteil als auch Nachteil hast, nutze die Differenz der beiden als endgültigen Wert. Hast du Vorteil 1 und Nachteil 1, negieren sich beide Werte und dein Aktionswurf bleibt unverändert. Wenn du Vorteil 1 und Nachteil 2 hast, wirfst du deinen Wurf mit Nachteil 1.
Auswirkungen von Vorteil & Nachteil
Wenn du Vorteil bei einer Aktion hast, würfle zusätzlich zu den normalen Würfeln eine Anzahl Attributwürfel gleich deinem Vorteilswert. Wenn du die Würfel aufaddierst, ignoriere die niedrigsten X Attributwürfel, wobei X dein Vorteilswert ist.
Beispiel von Vorteil
Vera springt 10 Fuß auf ihren Feind herunter. Der GM gibt ihr Vorteil 1 bei dem Angriff. Ihr Kraftwert ist 9, weshalb sie 3d10 als Attributwürfel erhält. Da sie Vorteil 1 hat, würfelt sie einen extra d10. Insgesamt wirft sie also 1d20 + 4d10. Der d20 rollt auf eine 16 und die 4d10 ergeben 3, 5, 7 und 9. Sie entfernt den niedrigsten d10, bevor sie ihren Endwert berechnet, 16 + 5 + 7 + 9 = 37.
Nachteil funktioniert sehr ähnlich. Wenn du Nachteil hast, würfelst du auf die gleiche Weise wie bei Vorteil die Extraattributwürfel anhand deines Nachteilswertes. Anstatt aber die niedrigsten Werte zu ignorieren, nimmst du die höchsten heraus.
Beispiel von Nachteil
Armand versucht, seinen Feind mit psychokinetischem Feuer zu verbrennen. Da er aber gerade von einer von einem gegnerischen Soldat geworfenen Rauchgranate abgelenkt ist, hat er Nachteil 1. Außerdem leidet er gerade unter dem Harm Erschöpft, wodurch er einen weiteren Nachteil 1 erhält. Armands Energiewert ist 5, sodass er 2d6 Attributwürfel nutzt. Er wirft 1d20 + 4d6. Nachdem die Würfel gefallen sind, entfernt er die beiden höchsten d6, bevor er das Ergebnis zusammenrechnet.
Vorteil & Nachteil werden nur VOR Explosionen angewandt
Vorteil und Nachteil werden nur bei deinem ursprünglichen Würfelpool angewandt. Sie gelten nicht für darauf folgende Würfe aufgrund von explodierenden Würfeln.
Beispiel von Vorteil mit explodierenden Würfeln
Tommy "Two Guns" ballert mit seinen Pistolen auf einen feindlichen Gangster. Sein Geschicklichkeitswert ist 3 und er hat Vorteil 2 auf den Wurf, also wirft er 1d20 + 3d8. Tommys d20 landet auf einer 10 und die d8 landen auf 8, 8, 3. Aufgrund seines Vorteils 2 ignoriert Tommy die niedrigsten zwei Würfel: den mit 3 und einen mit 8. Er würfelt die andere 8 erneut, da der Würfel beim Höchstwert explodiert und bekommt eine 5. Sein endgültiger Wurf ist also 23 (10 + 8 + 5).
Vorteil & Nachteil ohne Attributwürfel
Wenn man einen Aktionswurf ohne Attributwürfel macht, wirken Vorteil und Nachteil sich auf den d20 aus. Man wirft zum Beispiel 2d20 und behält den höchsten Wert. Bei Nachteil wirft man 2d20 und behält den niedrigeren Wert. Weiterhin kann man in solchen Situationen nicht mehr als Vorteil 1 oder Nachteil 1 haben. Der Charakter ist so ungeübt bei der Handlung, dass er zusammenfallende Vorzüge nicht ausnutzen und mehr Behinderung ihn nicht weiter stören können.
Diese Regeln gelten sowohl für Aktionen, die mit einem Attributwert von 0 ausgeführt werden, als auch für nicht-Aktionswürfe (wie ein d20 bei einem Widerstandswurf). Dazu kommt, dass man nicht absichtlich Nachteile für einen positiven Effekt bei einem Wurf ohne Attributwürfel sammeln kann. Also kann man mit einem Attributwert von 0 keine Angriffe mit Multi-Zielen verwenden (mehr dazu in Kapitel 7: Kampf).
Vorteil & Nachteil zuweisen
Vorteil und Nachteil können vom GM zugewiesen werden, oder aber durch Fertigkeiten, Harme oder Wohle erhalten werden. Wenn sie je nach Situation vom GM vergeben werden, sollte dieser nie mehr als Vor- oder Nachteil 1 anwenden. Fertigkeiten, Harme und Wohle auf der anderen Seite werden häufig mehrere Level an Vorteil oder Nachteil mit sich bringen. Die Vorteil und Nachteil Beispiele-Tabelle gibt eine Auflistung von typischen Situationen, in denen der GM eventuell Vorteil oder Nachteil zuweisen könnte, wobei die Liste natürlich nicht abschließend ist.
Vorteil und Nachteil Beispiele
Vorteilhafte Situationen | Nachteilige Situationen |
---|---|
Einen überraschten oder unaufmerksamen Feind angreifen | Angreifen, während man auf einem Balken balanciert |
Einen Feind während einer akrobatischen Tat angreifen | In einem beengten Raum angreifen |
Einen flankierten Feind angreifen | Angreifen, während man am Boden liegt |
Mit jemand verhandeln, gegen den man etwas in der Hand hat | Mit jemand verhandeln, der gegen einen selbst etwas in der Hand hat |
Einen arkanen Fokus beim Wirken eines Zaubers nutzen | Einen Zauber inmitten eines Sturms wirken |
In einer gut bestückten Bibliothek forschen | Forschen, während man krank ist |
Eine große Gruppe verfolgen | Eine Kreatur verfolgen, die kleiner als ein Kind ist |
Legendenpunkte
Eine weitere Form an Tiefe beim Abhandeln von Aktionen gibt es in Form von Legendenpunkten, welche Spielern eine Chance erlauben, die Würfel in besondern legendären Taten in ihrem Sinne wirken zu lassen.
Charaktere starten mit 0 Legendenpunkten und können maximal 10 auf einmal haben. Der GM kann einen Spielercharakter mit einem Legendenpunkt belohnen, wenn dieser seine Charakterschwächen trotz negativer Konsequenz einsetzt oder aber für besonders starkes Rollenspiel.
Beispiel für das Erhalten eines Legendenpunktes
Zaax hat die Charakterschwäche kurze Lunte, wodurch er schnell in Wut verfällt. Mitten in den angespannten Verhandlungen seiner Gruppe mit den imperialen Wachen verliert Zaax die Geduld vor dem Hochkommandanten und erschießt einen seiner Männer. Das ist ein klares Beispiel, wie Zaax seine Charakterschwäche trotz negativer Konsequenzen einsetzt, sodass der GM ihm einen Legendenpunkt gibt.
Der GM kann auch frei andere Regeln etablieren, nach denen Legendenpunkte verdient werden können. Beispielsweise mögen es manche GMs, dass ihre Spielenden sich gegenseitig jeweils einen Legendenpunkt pro Spielsitzung geben können. Andere Tische haben vielleicht eine Wahl des MVP oder besten Rollenspielers am Ende jeder Sitzung, bei der der Gewinner einen Legendenpunkt bekommt.
Legendenpunkte einsetzen
Ein Charakter kann maximal die Anzahl an Legendenpunkten entsprechend seinem eigenen Level plus 1 einsetzen, um einen einzigen Aktionswurf zu verstärken.
Bevor er den Aktionswurf durchführt, gibt der Spieler an, wie viele Legendenpunkte er ausgibt und bekommt Vorteil 1 auf den Wurf pro eingesetztem Legendenpunkt. Zusätzlich wird auf das Ergebnis des Wurfes pro Legendenpunkt +1 aufgerechnet.
Kapitel 1: Charaktererstellung | Inhaltsverzeichnis | Kapitel 3: Harme und Wohle